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Ein Hauch der Hoffnung nach dem Schrecken

Nach der Prokofieff-Sonate A-Dur op. 82 erhob sich das Publikum in ergriffener Verehrung und spendete langanhaltenden Beifall. Dies keinesfalls leicht verdauliche Werk hatte alle im tiefsten Innern ergriffen. Gehört diese Sonate doch zu den drei Kriegssonaten “, die Sergej Prokofieff 1940 selbst uraufführte. Das Werk beschreibt in plastischer Tonsprache die Schrecken des zweiten Weltkriegs. Man hört das Marschieren der Armeen und das Fallen der Bomben (im 1. Satz muss die Pianistin zweimal mit der Faust auf die Tasten schlagen - col pugno). Der Walzer des dritten Satzes beschreibt sarkastisch den Tanz auf dem Vulkan. Mit großem Ausdruck und in bedrückender Weise modellierte die Pianistin Yuna Nakagawa dieses Klangbild des Schreckens aus den Tasten heraus und allen war bewusst, wie aktuell diese Komposition ist. Eine solche Darstellung hatte das Publikum im Forum für junge Künstler und von einer so jungen Künstlerin lange nicht erlebt.

 

Begonnen hatte der Abend malerisch mit den Images I von Claude Debussy. Impressionistisch funkelte und glitzerte die Sonne in den Wasserspielen der Reflêts dans l'eau , ehrerbietig schritt die Hommage à Rameau daher. Die toccatenartigen Mouvements beschrieben eindrucksvoll den Beginn des Industriezeitalters. Mit sicherem Gespür für Farben ließ die Pianistin die drei Klangbilder vor den Ohren der Zuhörer entstehen.

 

Danach dann der Komponist, der aller Wahrscheinlichkeit nach das Publikum zahlreicher

als sonst ins Foyer des Kurtheaters Bad Homburg gelockt hatte: Frédéric Chopin. Hatte

doch Yuna Nakagawa erst im Frühjahr den 1. Preis beim Internationalen Chopin Wettbewerb Hannover gewonnen und den Vorstand des Kulturkreises Taunus-Rhein-Main bewogen, sie für einen Klavierabend einzuladen. Den Beginn der Chopin Gruppe machte das äußerst selten zu hörende Rondo Es Dur op. 16. Ein hoch virtuoses Stück, das dem Publikum viel Freude macht, der Interpretin aber eine große Fingerfertigkeit abverlangt. In makelloser Weise wurde Yuna Nakagawa dieser Anforderung gerecht. Das Rondo Thema tänzerisch jubelnd, die Läufe blitzsauber. Sehr nachdenklich dann das Nocturne fis-Moll op. 48,2 - wie ein Zwiegespräch zweier miteinander vertrauter Personen. Abschließend noch einmal die große Geste. Das Scherzo cis-Moll op. 39 hatte Chopin 1839 auf Mallorca vollendet. Ein sich aufbäumender Einstieg lässt einen wundervollen Choral folgen, der von glitzernden Girlanden umrahmt wird. Am Ende moduliert das Thema nach Moll, aus dem heraus sich ein himmlischer Jubelgesang erhebt und in eine furiose Coda mündet, was das Publikum bereits hier zu großem Applaus animierte.

 

Am Ende des Konzerts noch eine versöhnliche Zugabe. Eines der wenig bekannten Lieder Chopins hatte Franz Liszt für Piano solo arrangiert. Somit konnte die zuvor aufgewühlte Seele der Zuhörer getröstet und mit einem Hauch der Hoffnung den Heimweg antreten.

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